Tag 1: Ak-Suu nach Altyn Arashan
Unsere Wanderung begann bei bestem Wetter im kleinen Dorf Ak-Suu, etwa 20 Autominuten von Karakol entfernt. Ein freundlicher Taxifahrer brachte uns über einen Schotterweg bis zum Beginn der Tour, was uns ca. eine Stunde Fußweg vor dem eigentlichen Wanderstart ersparte.
Bereits beim Start spürten wir die besondere Atmosphäre des Tien-Shan-Gebirges: Der Duft von Kiefern, das sanfte Rauschen des Flusses und der Blick auf die schneebedeckten Gipfel ließen die Vorfreude steigen.
Der Aufstieg nach Altyn Arashan war zwar fordernd, aber gut zu bewältigen. Der Weg führte durch dichte Wälder, vorbei an klaren Gebirgsbächen und gelegentlich durch matschige Abschnitte. Nach etwa fünf Stunden erreichten wir Altyn Arashan, ein malerisches Tal, das für seine heißen Quellen und traditionellen Jurtencamps bekannt ist.
Wir hatten zuvor mithilfe des Touristenbüros in Karakol (über WhatsApp) eine Jurte im "Eco Yurt Camp" gebucht, wo wir übernachteten.
Das Camp bot nicht nur ein wundervolles Ambiente im Tal direkt an einem Bach, sondern auch ein leckeres Frühstück und Lunchpakete für den kommenden Tag.
Die Nacht dort war die kälteste, die wir jemals erlebt hatten, doch die Decken in der Jurte waren dermaßen dick, dass wir trotzdem warm und gut schlafen konnten. Als Highlight erlebten wir einen fantastischen Sternenhimmel, wie wir ihn noch nie zuvor gesehen hatten – die Milchstraße war klar und deutlich sichtbar, ein Anblick, den wir so schnell nicht vergessen werden.
Vor dem Abendessen entspannten wir uns noch in den heißen Quellen. Umgeben von der atemberaubenden Bergkulisse unter einem sternenklaren Himmel war dies der perfekte Abschluss eines anstrengenden ersten Tages.
Tag 2: Altyn Arashan – Ala Kul See – Altyn Arashan
Am zweiten Tag brachen wir schon früh morgens auf, denn uns stand die körperlich anspruchsvollste und auch längste Etappe der Wanderung bevor: der Aufstieg zum Ala Kul See.
Der erste Abschnitt der Route führte uns entlang des Flusses durch steile und felsige Abschnitte.
Nach etwa drei Stunden überquerte der Pfad die Baumgrenze, und die Landschaft wurde immer rauer. Die stetige Steigung sowie die Höhe des Gebirges (ca. 3500m) forderte unsere ganze Kondition.
Jeder Schritt war anstrengend, und das raue, unberührte Panorama war eine unglaubliche Reise durch die Wildnis Kirgistans. Etwa nach der Baumgrenze endete auch der usprüngliche Pfad. Von dort an folgten wir nur noch der GPS Route.
Nach etwa sechs Stunden erreichten wir den letzten Anstieg, den Ala-Kul Pass, auf einer Höhe von mittlerweile ca. 3900m, unmittelbar vor dem Ala Kul See. Dieser Abschnitt war eine wahre Herausforderung: der Pfad war extrem steil, vollständig mit Schnee bedeckt, und wir konnten bereits mehrere Lawinen erkennen, die in den letzten Tagen von oben heruntergekommen waren.
Trotz unserer Vorfreude auf den See mussten wir uns, nach dem vergeblichen Versuch das Geröllfeld und die Schneemassen zu durchqueren, schweren Herzens entscheiden, den Aufstieg abzubrechen.
Die Gefahr, durch mögliche weitere Lawinen, war schlicht zu groß. Ein seitlicher Aufstieg durch das Geröllfeld war ebenfalls kaum möglich.
Zudem wollten wir sicherstellen, dass wir vor Sonnenuntergang wieder in Altyn Arashan ankommen würden. Die Sicherheit ging in diesem Moment ganz klar vor.
Obwohl wir den Ala Kul See nicht erreichten, war die Wanderung dennoch jede Anstrengung wert.
In den 11 Stunden, die wir unterwegs waren, trafen wir lediglich drei andere Wanderer und erlebten eine Abgeschiedenheit und Wildnis, wie wir sie noch nie zuvor erfahren hatten.
Die unberührte Natur, die Stille und die beeindruckenden Berglandschaften hinterließen einen bleibenden Eindruck.
Im Nachhinein bereuen wir unsere Entscheidung nicht. Sicherheit geht immer vor, und die Erfahrungen, die wir gemacht haben, bleiben unvergesslich.
Tag 3: Rückkehr nach Ak-Suu
Am dritten Tag hieß es Abschied nehmen von Altyn Arashan. Der Abstieg nach Ak-Suu fiel uns vergleichsweise leicht, auch wenn wir unsere müden Beine spürten. Der Weg führte uns erneut durch die idyllische Landschaft des Tals, und wir ließen die Eindrücke der letzten Tage Revue passieren.
Nach etwa vier Stunden erreichten wir Ak-Suu und ließen die Wanderung bei einem späten Mittagessen ausklingen. Zurück in Karakol waren wir voller Dankbarkeit für dieses einzigartige Erlebnis und die erfahrene Gastfreundschaft der Einheimischen.
Tipps für die Wanderung
Eine Wanderung wie die zum Ala Kul See erfordert nicht nur eine gute Kondition, sondern auch die richtige Ausrüstung. Hier sind einige Tipps, die dir helfen, sicher und gut vorbereitet zu starten:
Festes Schuhwerk und Wanderstöcke: Die Wege sind steinig, steil und teils schneebedeckt. Gutes Schuhwerk mit griffiger Sohle ist ein Muss, und Wanderstöcke können dir zusätzlichen Halt geben.
Kleidung für jedes Wetter: In den Bergen kann das Wetter schnell umschlagen. Packe daher Schichten ein, die du bei Bedarf an- oder ausziehen kannst, sowie regenfeste Kleidung.
Erste-Hilfe-Material: Kleine Verletzungen oder Blasen können unterwegs schnell passieren. Ein Erste-Hilfe-Set sollte daher immer im Rucksack sein.
Notfallpfeife und GPS: Eine Notfallpfeife kann im Ernstfall hilfreich sein, um auf dich aufmerksam zu machen. Ein GPS-Gerät oder zumindest ein Handy mit offline Karten (und eine Powerbank) sind essenziell, um den Weg nicht zu verlieren.
Proviant und Wasser: Nimm genügend Snacks und Wasser mit. In den Camps gibt es zwar Verpflegung, aber unterwegs wirst du Energie brauchen.
Informiere deine Unterkunft: Lass die Unterkunft oder Freunde wissen, welche Route du planst und wie lange du ungefähr unterwegs sein wirst. So kann im Notfall schnell reagiert werden.
Gute Planung: Das Wetter in den Bergen ist teilweise unberechenbar, zudem gibt es in Kirgistan keine koordinierte Bergrettung. Gerade bei schwierigen Wetterbedingungen ist eine gute Vorbereitung wichtig. Hole dir vorab Informationen über die Wetterlage und mache nur Wanderungen, welche du dir tatsächlich auch zutraust.
Mit der richtigen Ausrüstung und Vorbereitung kannst du die Tour aber sicher und unbeschwert genießen!
Fazit
Die Wanderung zum Ala Kul See war ein unvergessliches Abenteuer, das uns sowohl physisch als auch emotional gefordert hat. Auch wenn wir den See letztendlich nicht erreicht haben, war die Route unglaublich.
Wir genossen das Panorama der Berge und die Abgeschiedenheit in jedem Augenblick.
Wir empfehlen jedem, vor der Tour aktuelle Informationen über die Wetter- und Wegbedingungen einzuholen. Unsere Wanderung war im Juni noch relativ früh, ab Juli sind die Wetterverhältnisse in der Regel aber sicherer, sodass die "normale" Route offen sein sollte.
Wir denken bereits darüber nach, in den nächsten Jahren noch einmal die normale Route zu wagen. Diese Wanderung können wir jedoch auch so jedem empfehlen, der in guter körperlicher Verfassung ist.
Habt ihr diese oder andere Wanderungen in Kirgistan schon einmal gemacht? Welche Erfahrungen habt ihr gesammelt? Ich freue mich auf eure Geschichten und Tipps in den Kommentaren!
2 Kommentare
Hallo!
AntwortenLöschenIch habe deinen Blog mit großer Aufmerksamkeit gelesen - und ja, die Erinnerungen an meine Kirgisien-Tour 2011 lodern einmal mehr auf.
Allerdings waren wir zur Jagd dort und im Schatten des Pik Pobedy hatte ich das Wahnsinnsglück, einen Sibirischen Steinbock zu erlegen.
Der Weg dorthin war buchstäblich steinig: Zunächst per Pferd und dann weiter per pedes ging es über Stock und Stein.
Ein Erlebnis für die Ewigkeit!
Ich kann dir zu deiner Tour nur gratulieren, denn dieses einmalige Naturabenteuer werden die wenigsten erleben.
Es grüßt der Bergvagabund Heino
Hallo Heino,
Löschenwie beeindruckend, dass du schon 2011 in Kirgisien unterwegs warst! Es ist wirklich faszinierend, wie unberührt und wild die Natur dort geblieben ist. Deine Tour zum Pik Pobedy und die dortige Jagd klingen nach einem echten Abenteuer.
Schön, dass mein Bericht Erinnerungen an deine Tour geweckt hat!
Beste Grüße,
Luis